Übungen

Unsere Zukunftsaussichten

„Unser Fortschritt bemisst sich nicht daran, ob wir den Überfluss der Wohlhabenden vermehren, sondern ob wir denen genug geben, die wenig haben.“

Franklin D. Roosevelt 
32. Präsident der Vereinigten Staaten (1882-1945)

Überblick

Themen
  • Politische Partizipation
  • Umwelt
  • Gesundheit
Komplexität

Stufe 2

Gruppengröße

6+ Personen (in Kleingruppen: 3–4 Personen)

Zeit

60 Minuten

Überblick

Die Teilnehmer*innen zeichnen, hinterfragen und diskutieren ihre Hoffnungen und Befürchtungen für die Zukunft ihrer und der nachfolgenden Generationen. Angesprochene Themen:

  • Umweltfragen, die zukünftige Generationen betreffen
  • Inwieweit orientiert sich die lokale Entwicklung an den Bedürfnissen der Bewohner*innen?
  • Aspekte, die Entwicklungen anstoßen und beeinflussen
Fokus
  • Das Recht auf eine eigene Meinung und auf Zugang zu Informationen
  • Das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken
  • Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard
Ziele
  • Sich über das Leben in der Kommune, über Rechte und Pflichten informieren
  • Lernen, offen zu diskutieren, in einem Team zusammenzuarbeiten und Zukunftsvorstellungen zu entwickeln
  • Neugier wecken und Möglichkeiten zeigen, wie alle und insbesondere junge Menschen Gegenwart und Zukunft mitgestalten können
Materialien
  • Skizzenpapier
  • Großformatiges Papier für die Reinzeichnung
  • Farben, Pinsel, Bleistifte, Kugelschreiber und Marker
  • Materialien für Collagen, zum Beispiel farbiges Papier, Zeitschriften, Zweige, Reis, Bohnen, Laubblätter, Muschelschalen etc.
  • Schere
  • Klebstoff und Klebeband
  • Bilder oder Fotos der näheren Umgebung von vor 10 oder 20 Jahren (wenn vorhanden)
  • Alte und neue Landkarten der Umgebung (wenn vorhanden)

Durchführung

Anleitung

  1. Sprechen Sie über Veränderungen im Lebensumfeld der Teilnehmer*innen(TN). Bitten Sie die TN, zurückzudenken an die Zeit, als sie jünger waren, und sich daran zu erinnern, wie ihr Zuhause und die Straßen damals aussahen und wie sich dies seitdem verändert hat. Wie hat sich das Stadtbild gewandelt? Sind neue Gebäude und Einrichtungen entstanden, zum Beispiel Einkaufszentren, Wohnsiedlungen, Straßen, Spielplätze oder Fahrradwege? Haben sich die Schulen und die Treffpunkte der TN verändert? Hat sich außer Gebäuden sonst noch etwas geändert in der Umgebung?
  2. Welche Veränderungen in den Bedarfen der Bewohner*innen können zu dem Wandel beigetragen haben? Wer entscheidet in ihrem Umfeld, ob und wie auf diese Veränderungen reagiert wird?
  3. Diskutieren Sie kurz über ein oder zwei Beispiele: Wer hat wie von den Entwicklungen profitiert? Was hätten die TN gemacht, wenn sie hätten (mit)entscheiden können?
  4. Befassen Sie sich anschließend mit dem Zusammenhang zwischen Entscheidungen in solchen Planungsprozessen und den Menschenrechten (zum Beispiel die Menschenrechte auf Information, Anhörung und Beteiligung sowie auf einen angemessenen Lebensstandard). Werden Menschenrechte bei Entscheidungen in Zukunft eine größere oder eine geringere Rolle spielen? Warum?
  5. Ermutigen Sie die Gruppe, nun über ihre Zukunft nachzudenken und sie zu gestalten.
  6. Bilden Sie Kleingruppen zu drei oder vier Personen.
  7. Verteilen Sie Papier und Stifte und bitten Sie die Gruppen, ihre Ideen für die ideale Umgebung oder ihre Stadt der Zukunft zu skizzieren.
  8. Hat sich die Gruppe auf einen Entwurf für einen Plan geeinigt, soll sie ihn auf ein großes Blatt Papier übertragen und mit Farbe und Collage-Materialien ergänzen.
  9. Nach getaner Arbeit präsentieren die Gruppen reihum ihre Pläne und erklären, woher ihre Ideen kommen, wie sie sie entwickelt haben und welche Diskussionen es bei den Entwürfen gab. Geben Sie nach jeder Präsentation etwas Zeit für kurze Fragen und Antworten; die allgemeine Diskussion sollte jedoch im Rahmen der Nachbereitung stattfinden.

Nachbereitung und Auswertung

Überprüfen Sie zunächst, wie die TN in den Gruppen zusammengearbeitet haben. Sprechen Sie dann darüber, ob Menschenrechte und Umweltrechte berücksichtigt wurden:

  • Hatten alle das Gefühl, dass sie sich einbringen und etwas beisteuern konnten? Wie haben die Kleingruppen die individuellen Talente und Ideen ihrer Gruppenmitglieder genutzt?
  • Wie war es, Kommentare zu den eigenen Plänen zu bekommen?
  • Wie fanden es die TN, Kommentare zu den Plänen der anderen abzugeben?
  • Wie denken die TN über das Zusammenspiel von ihren Idealvorstellungen und den Bedürfnissen und Erwartungen der anderen? Was wäre den TN bei einem gemeinsamen Plan wichtig? Worauf könnten sie verzichten? Hat dies etwas mit ihren Menschenrechten oder mit ihren Bedürfnissen zu tun?
  • Haben die TN bei der Entwicklung ihres Planes auch an zukünftige Generationen und deren mögliche Bedarfe gedacht? Hat der Umweltschutz eine Rolle in ihren Überlegungen gespielt, zum Beispiel die Reduktion von CO2-Emissionen, die Nutzung erneuerbarer und nachhaltiger Ressourcen und Recycling?
  • Was würden die TN unter Berücksichtigung der Umwelt und nachfolgender Generationen an ihrem Plan verändern und warum? Mit wem müssten die TN dies klären? Welche Interessen und Rechte kollidieren hier möglicherweise?
  • Hat es Spaß gemacht, sich als „Architekt*innen der eigenen Zukunft“ zu betätigen? Glauben die TN, dass ihre Idealvorstellungen jemals Wirklichkeit werden könnten? Warum (nicht)? Wovon wird dies abhängen?
  • Glauben die TN, dass Städteplaner*innen bereit wären, mit Ihnen und anderen über ihre Pläne zu diskutieren? Könnten Sie sich vorstellen, ihnen ihre Pläne vorzustellen?
  • Was an den Plänen hat die TN am meisten überrascht?
  • Können junge Menschen in ihrer Schule (ihrem Verein oder ihrer Gemeinde) bei sie betreffenden Bauvorhaben oder bei Bauprojekten im Allgemeinen mitbestimmen? Welche Rechte können sie einfordern, um sich in Entscheidungsprozesse einzubringen?
  • Was können Menschen heute unternehmen, um die demokratischen Prozesse zu beeinflussen, die ihr Leben und ihre Zukunft gestalten?
  • Wie muss ein Ort gestaltet sein, damit die Rechte auf Gesundheit, Erholung, Freizeit und ein kulturelles Leben gewahrt werden?
  • Was glauben die TN: Wie entwickeln sich die Menschenrechte weiter?

Tipps für die Moderation

Einführung

Der Titel dieser Aktivität ist „Unsere Zukunftsaussichten“. Der Plural bedeutet, dass es nicht die eine Zukunft für alle Menschen gibt. Jeder Mensch gestaltet seine Zukunft in einem aktiven und andauernden Prozess mit. Daher gibt es viele Möglichkeiten von Zukunft und es ist eine Chance junger Menschen, ihre Zukunft anhand ihrer Rechte, Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche zu gestalten, miteinander auszuhandeln und hierin auch folgende Generationen einzubeziehen und zu berücksichtigen. Das Recht an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken, ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Zivilpakt verankert.

Um den Wandel deutlich zu machen, können Sie anhand alter Bilder zeigen, wie Ihre Umgebung vor zehn oder zwanzig Jahren ausgesehen hat. Die TN können zum Beispiel darüber nachdenken, dass das Internet, wie wir es heute kennen, 1985 nur als Science Fiction existierte. Heute ist es aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Wie hat sich die Entdeckung des Internets auf das Leben und die Umwelt der Gruppe ausgewirkt?

Wenn die TN nicht recht wissen, wie die Stadt der Zukunft aussehen wird, können Sie ihnen folgende Fragen stellen:

  • Wer wird dort leben? Menschen, die hier geboren sind, oder neu Hinzugezogene? Wie alt werden sie sein? Werden sie in Familien zusammenleben?
  • Wie wird ihr Alltag aussehen? Werden sie ihre Lebensmittel im Laden kaufen? Was für Gesundheitsdienste (Krankenhäuser, Zahnärzte etc.) werden sie brauchen?
  • Wie werden ihre Schulen aussehen?
  • Wie werden sie sich fortbewegen?
  • Wie werden die Häuser aussehen?
  • Wie wird ihr gesellschaftliches Leben gestaltet sein? Was werden sie in ihrer Freizeit machen?
  • Werden sie Haustiere haben?
  • Wie wird ihre Arbeit aussehen?
  • Wie und wovon werden sie sich ernähren?
  • Was für neue technologische Entwicklungen wird es geben?
  • Wie sieht die Umwelt aus? Und die natürliche Umgebung?

Varianten

Statt einer Collage können Sie auch Modelle aus Abfallmaterial bauen, zum Beispiel aus Kartons, Verpackungsmaterial, Toilettenpapierrollen oder Klappkarten. Oder Sie benutzen Bausteine.

Statt allgemeine Zukunftspläne für ihren Wohnort zu schmieden, kann sich die Gruppe auch ein ungenutztes Gelände vor Ort vornehmen, das bebaut werden kann. Lassen Sie die Gruppe über die Möglichkeiten und den Bedarf der Gemeinde recherchieren und in Absprache einen Vorschlag entwickeln, den sie dem Stadtrat vorlegen kann. Das Gelände kann ganz unterschiedliche Baulichkeiten umfassen: ein Einkaufszentrum, ein Freizeitzentrum, eine Schule, Wohnhäuser, ein Parkplatz, eine Grünfläche, ein Spiel- oder Sportplatz, ein Garten mit Sitzbänken für ältere Menschen, ein Stadtbauernhof, eine Tierauffangstation etc. Vielleicht gibt es auch auf dem von den TN benutzten Gelände Möglichkeiten zur Gestaltung. Falls Sie dies als Aktionsprojekt aufziehen wollen, finden Sie Informationen über die Planung und Umsetzung von Aktivitäten in Kapitel 3 „Aktiv werden für Menschenrechte“ (PDF, 1,1 MB).

Vorschläge zur Weiterarbeit

Recherchieren Sie über Planungen für lokale Entwicklung und die Möglichkeiten der Einflussnahme. Mischen Sie sich in Entscheidungsprozesse in der Schule, im Verein oder in Organisationen ein, zum Beispiel durch Teilnahme an Ratsversammlungen oder durch Kandidatur zu Wahlen.

Sie können der Frage nachgehen, wie Ihre Gemeinde sich zukünftigen Herausforderungen wie Peak Oil (Ölverknappung) und Klimawandel stellen kann. In der weltweiten Transition-Town-Initiative befassen sich Menschen mit allen Aspekten ihrer Kommune (Nahrungs- und Energieversorgung, Transport, Gesundheit, Wirtschaft und Existenzsicherung etc.) und entwickeln kreative Wege zu einem selbstverwalteten und eigenverantwortlich umgesetzten Energiewende-Aktionsplan über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren. Bislang gab es unter anderem folgende Initiativen: Schaffung von Gemeindegärten zum Nahrungsmittelanbau; gewerbliche Abfallbörse, bei der die Abfälle eines Gewerbebetriebs von einem anderen Gewerbebetrieb genutzt werden; Reparatur statt Entsorgung alter Sachen; Entwicklung von Tauschringen.

Eine andere Idee zur Weiterarbeit: Bitten Sie die TN, eine personalisierte, kommentierte und großformatige Landkarte ihrer Umgebung zu erstellen und alles einzuzeichnen, was ihnen wichtig ist: zum Beispiel Graffiti an einer Mauer, ein bestimmter Straßenbaum oder eine inoffizielle Abkürzung( siehe auch Projekt Parish Maps; auf Deutsch Gemeindekarten). Die Existenz von etwas zu notieren, ist der erste Schritt zu dessen Wertschätzung – eine Möglichkeit, es vor der Zer störung durch irgendeine zukünftige „Entwicklung“ zu bewahren.

Eine andere Möglichkeit, das eigene Umfeld und die Verteilung von Ressourcen, vorhandene Einrichtungen, die Landschaft und Landnutzung in einem Gebiet zu erkunden, ist ein Instrument, das unter der Bezeichnung „transect walk“ (Transekt- Spaziergang) bekannt wurde und das die Weltbank bei ihren Analysen zu Armut und sozialen Auswirkungen einsetzt. Probieren Sie es aus, wenn Sie einen Nachmittag in der Natur verbringen wollen!

Oder die Gruppe recherchiert bei „wheelmap“ zu Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.

Sie können weitere Übungen zu Hilfe nehmen, um verschiedene Zukunftsperspektiven auszuloten. Die Übung „Wo geht‘s hier nach Gleichland?“ etwa sucht nach Wegen zur Gleichberechtigung der Geschlechter.

Wenn Sie nach einer weiteren Übung suchen, bei der sich junge Menschen mit demokratischen Entscheidungsprozessen befassen, dann sehen Sie sich „Jede Meinung zählt“ an. Dabei geht es um die Art von Bildung, die sie sich wünschen und über die sie in einer Schülervertretung mitbestimmen können.

Ideen zum Handeln

Stellen Sie die Collagen zu einer Ausstellung zusammen und laden Sie Gemeinderatsmitglieder ein, sich die Positionen der TN anzuhören.

Fertigen Sie von Ihrer Gemeinde Kopien der (jährlichen und langfristigen) Strategie- und Bebauungspläne an. Analysieren Sie sie zunächst innerhalb der Gruppe und besprechen Sie sie dann mit Freund*innen und Familien. Nehmen Sie öffentlich Stellung, zum Beispiel in einem Blog, in Leserzuschriften an die Stadtzeitung, in einer selbstorganisierten Bürgerversammlung oder in einer von der Behörde organisierten Veranstaltung.

Treten Sie mit der lokalen Agenda-21-Gruppe oder einer anderen Umweltgruppe in Kontakt und setzen Sie sich für eine nachhaltige Zukunft ein.

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