Übungen

Ausflippen

„Durch bittere Erfahrung habe ich die überaus wichtige Lektion gelernt, meine Wut zu beherrschen. Wie gespeicherte Hitze in Energie umgewandelt werden kann, so kann auch beherrschte Wut in eine Kraft verwandelt werden, die die Welt bewegt.“

Mahatma Gandhi 
indischer Widerstandskämpfer, 1869-1948

Überblick

Themen
  • Frieden und Gewalt
  • Kinder
  • Krieg und Terrorismus
Komplexität

Stufe 2

Gruppengröße

12 -20 Personen (in Kleingruppen: 6-7 Personen)

Zeit

90 Minuten

Überblick

In Rollenspielen wird nach den Gründen von Gewaltanwendung geforscht.

Fokus
  • Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit
  • Das Recht auf Schutz vor erniedrigender Behandlung
  • Das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz
Ziele
  • Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen von Gewalt
  • Entwicklung der Fähigkeit, Gewalt vorzubeugen beziehungsweise gewaltlos auf Provokation, Frustration oder Gewalt zu reagieren
  • Förderung von Mitgefühl, Gerechtigkeitssinn und Verantwortungsbewusstsein
Materialien
  • Je 1 Kopie des Arbeitsblatts pro Kleingruppe
  • Genügend Platz für die Proben und anschließende Aufführung eines kleinen Rollenspiels vor dem Rest der Gruppe.
Vorbereitung
  • Kopieren Sie das Arbeitsblatt je 1x pro Kleingruppe

Durchführung

Anleitung

  1. Bitten Sie die Teilnehmer*innen (TN), sich ein Erlebnis ins Gedächtnis zu rufen, bei dem sie wütend oder frustriert waren und den Wunsch verspürten, auszuflippen und vielleicht irgendetwas kaputt zu machen. Sorgen Sie für ein paar Minuten Stille, damit sie sich mental in ihre damalige psychische Verfassung zurückversetzen können.
  2. Wenn die Gruppe sich gut kennt und genügend Vertrauen besteht, können Kleingruppen von 2 bis 3 Personen gebildet werden, in denen die TN über diese Situationen sprechen, wenn sie dies möchten. Alternativ können Sie eine fiktive Geschichte erzählen über eine Person kurz vor dem Ausflippen: Darüber, was vorher passiert ist und wie sich die Person fühlte.
  3. Gehen Sie dann zum Rollenspiel über: Tun Sie so, als wären Sie kurz davor, auszuflippen. Ihre Haltung und Ihr Gesichtsausdruck lassen erkennen, dass Sie extrem wütend oder frustriert und kurz davor sind, auszuflippen. Verharren Sie einige Sekunden in dieser Position.
  4. Dann werden Kleingruppen zu je 6 bis 7 Personen gebildet. Sie haben 30 Minuten Zeit, um jeweils ein kurzes Rollenspiel über einen entsprechenden Vorfall vorzubereiten. Der Vorfall kann die real erlebte Situation darstellen, aber auch erfunden sein. Die Rollenspiele sollen darauf hinauslaufen, dass eine Person drauf und dran ist, auszuflippen. Die Kleingruppe entscheidet, ob die Person ausflippt oder ob dies durch Selbstkontrolle oder das deeskalierende Eingreifen einer anderen Person verhindert wird.
  5. Verteilen Sie die Kopien mit den Fragen, an denen sich die TN bei der Ausarbeitung ihres Rollenspiels orientieren sollen.
  6. Holen Sie nach 30 Minuten alle wieder ins Plenum und lassen Sie die Kleingruppen ihre Rollenspiele aufführen. Das Publikum bekommt nach jeder Aufführung Gelegenheit zu Reaktionen und Fragen.
  7. Gehen Sie anschließend zur Nachbereitung über.

Nachbereitung und Auswertung

  • Fanden die TN die Rollenspiele sinnvoll? Ist ihnen dabei klar geworden, was jemanden dazu bringen kann, auszuflippen? Waren bestimmte Gründe als Ursache von Gefühlen erkennbar, die eine Person dazu bringt, auszuflippen und möglichweise gewalttätiges Handeln zu zeigen?
  • Wie haben die Gruppen das Ausflippen gespielt beziehungsweise es sich vorgestellt? Kam es zu Gewalt, oder wurden Möglichkeiten gefunden, Frustration gewaltlos abzubauen?
  • Wie kommt es, dass Menschen manchmal das Gefühl haben, etwas kaputt machen oder jemanden verletzen zu müssen? Können Sie ihre Gründe nachvollziehen? Kann die Verletzung eigener Rechte hierfür ein Grund sein?
  • Hilft Gewalt wirklich, das ursächliche Problem zu lösen? Was wären sinnvolle Alternativen, um das Problem zu lösen?
  • Gibt es für die TN einen Unterschied zwischen die Gründe von Gewalt nachvollziehen zu können und Gewalt zu rechtfertigen? Ist es wichtig, die Hintergründe von Gewaltakten zu verstehen? Warum (nicht)?
  • Welche gewaltlosen Möglichkeiten gibt es, mit schwierigen Situationen beziehungsweise mit eigenen Frustrationen umzugehen?
  • Wie können Situationen, wo jemand kurz vor einem Gewaltausbruch steht, entschärft werden?
  • Welche Menschenrechte werden durch Gewalt verletzt?

Tipps für die Moderation

Einführung

Wenn sich die Gruppenmitglieder nicht besonders gut kennen, können Sie die erste Reflexionsaufgabe weglassen (Anleitung Punkt 1 und 2) und nur die in Punkt 2 erwähnte fiktive Geschichte erzählen. Oder Sie behalten sie bei, stellen es den TN jedoch frei, über ihre Gefühle in den Kleingruppen zu sprechen.

Die Rollenspiele bieten einigen TN eventuell Gelegenheit, echten Frustrationen Luft zu machen. Dann sollten Sie mehr Zeit zur Verfügung stellen, damit sie diesen in Ruhe nachforschen können.

Legen Sie zwischen den einzelnen Rollenspielen ein paar Minuten Pause ein, damit sich die Aufmerksamkeit ganz auf die nächste Gruppe richten und diese nötigenfalls einzelne Punkte ihrer Darbietung ansprechen kann. Allerdings sollte die Diskussion in dieser Phase nicht zu viel Zeit beanspruchen. Am besten ist es, zunächst alle Rollenspiele anzusehen und erst dann in die Diskussion über die allgemeinen Aspekte aller Darbietungen einzusteigen.

Es ist wichtig, eine Balance zu halten: Die Gründe für Gewalt sollten nachvollzogen und Menschen, die Gewalt anwenden, fair behandelt werden. Gleichzeitig sollte deutlich werden, dass Gewaltakte niemals vertretbar sind, insbesondere wenn Menschen darunter leiden müssen.

Varianten

Statt der Geschichte oder den individuellen Erinnerungen der TN können Sie auch Bilder zur Einstimmung verwenden, zum Beispiel Fotos von Demonstrationen. Statt eines Rollenspiels können auch Comics entworfen werfen oder Sie nutzen die Methode „Forumtheater“.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Erinnern Sie sich an einen Vorfall in Ihrem Umfeld, bei dem Gewalt im Spiel war, und versuchen Sie, die Ereignisse zu schildern, die dazu geführt haben. Sie können die Geschichte als Zeitleiste darstellen, auf der eins zum andern führt. Bitten Sie die Gruppe, diejenigen Stellen auf der Zeitleiste auszumachen, wo die Gewalt hätte verhindert oder der Konflikt deeskaliert werden können. Zur Weiterarbeit im Themenfeld Gewalt bieten sich außerdem die Übungen „Geht’s auch anders“, „Wie weit würdest du gehen“ oder „Terrorismus“ an.

Ideen zum Handeln

Wählen Sie aus den in der Übung unter „Weiterarbeit“ ermittelten Vorfällen in Ihrem Umfeld einen oder mehrere aus und recherchieren Sie, welche Organisationen sich mit den einschlägigen Problemen befassen und Betroffene – Täter*innen wie Opfer – unterstützen. Überlegen Sie, was Ihre Gruppe beitragen kann, um auf diese Probleme und daraus resultierende Situationen zu reagieren und die Gewalt(spirale) zu unterbrechen.

Weitere Informationen

Ein „Problembaum“ ist eine nützliche visuelle Methode zur Problemanalyse, auch zum Thema Gewalt. Es handelt sich um eine Kombination aus Brainstorming und Mindmap. Der Stamm steht für das Problem. Man beginnt bei den Ursachen des Problems, die die Wurzeln bilden, und arbeitet sich dann zu den Folgen vor, die durch Äste und Zweige symbolisiert werden. Probleme und Folgen können beispielsweise soziale, ökonomische und politische Ursachen haben. Oder die Ursachen liegen in den Einstellungen und dem Verhalten von Menschen.

Arbeitsblätter

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