Übungen

Wer sind ich?

„Ich bin alles, was mich mit den anderen verbindet.“

Albert Jacquard 
Genetiker und Gesellschaftsphilosoph (1925-2013)

Überblick

Themen
  • Politische Partizipation
  • Demokratie
  • Menschenrechte allgemein
Komplexität

Stufe 4

Gruppengröße

8-20 Personen

Zeit

120 Minuten

Überblick

In dieser Übung wird über Rechte und Pflichten von Menschen, Regierungen, NGOs und Medien in einer Demokratie verhandelt.

Fokus
  • Das Wahlrecht
  • Das Recht, sich an der Regierung des Landes zu beteiligen
  • Informationsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung
Ziele
  • Den Zusammenhang zwischen Rechten und Pflichten verstehen lernen
  • Diskussions- und Kooperationsfähigkeit entwickeln
  • Gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein fördern
Materialien
  • Pro Person je 1 Blatt Papier und 1 Bleistift für Notizen
  • 4 Blatt großformatiges Papier (A3) oder Flipchart-Papier pro Kleingruppe (je 1 Bogen pro Gruppe für das Protokoll)
  • Je 3 Marker in verschiedenen Farben pro Kleingruppe
  • 4 Knäuel Schnur oder Wolle (1 Farbe pro Gruppe)
  • Je 1 Rolle Klebeband pro Gruppe
  • Schere
  • Je 1 Arbeitsblatt „Spielregeln“ pro Gruppe

Durchführung

Anleitung

  1. Zum Aufwärmen finden sich die Teilnehmer*innen (TN) paarweise zu Flüstergruppen zusammen. Die Paare sollen so tun, als wären sie einander fremd und müssten sich ihrem Gegenüber vorstellen.
  2. Machen Sie ein Brainstorming zu der Frage: Was ist beim ersten Treffen interessant oder wichtig, über eine andere Person zu erfahren? Notieren Sie allgemeine Aspekte.
  3. Im Anschluss sollen die TN herausfinden, wie viel sie selbst mit anderen in der Gruppe gemeinsam haben. Verteilen Sie Papier und Stifte. Der erste Schritt besteht darin, die eigene Identität bildlich darzustellen: Die TN sollen sich vorstellen, sie seien Sonnen und strahlten einzelne Aspekte ihrer Identität in die Gesellschaft ab. Unter Berücksichtigung von acht bis zehn wichtigen Aspekten ihrer Identität zeichnen alle ihre persönliche Sonne. Erklären Sie, dass sich die TN die Sonnen später gegenseitig präsentieren und sie nur das notieren sollen, was sie den anderen zeigen möchten.
  4. Dann gehen die TN umher und vergleichen ihre Sonnen miteinander. Wenn sie auf ein anderes Gruppenmitglied treffen, das einen gleichen Strahl hat, schreiben sie den Namen dieser Person neben den eigenen Strahl. (Wenn zum Beispiel Jan und Aniseh beide einen „Rapper“-Strahl haben, schreibt jeder den Namen des andern neben diesen Strahl in der eigenen Zeichnung.) Geben Sie dafür 15 Minuten Zeit.
  5. Treffen Sie sich wieder im Plenum und sprechen sie über Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Mögliche Fragen:
    1. Welche Aspekte der Identität (Eigenschaften, Interessen etc.) haben die TN gemeinsam und in welchen unterscheiden sie sich?
    2. Wie ähnlich und wie verschieden sind die Gruppenmitglieder? Gibt es mehr Gemeinsamkeiten oder mehr Unterschiede in der Gruppe?
  6. Machen Sie zum Schluss ein Brainstorming, welche Aspekte man relativ frei wählt und welche angeboren sind. Schreiben Sie diese in zwei Spalten auf das Flipchart.

Nachbereitung und Auswertung

Besprechen Sie nun, was die TN über sich selbst und über die anderen herausgefunden haben und welche Bedeutung dies für die Menschenrechte hat.

  • Was haben die Einzelnen über sich selbst gelernt? War es schwer zu entscheiden, welche Aspekte der eigenen Identität am wichtigsten sind?
  • Gab es Überraschungen beim Vergleich der Sonnen? Hatten die TN mehr oder weniger gemeinsam als erwartet?
  • Wie empfanden sie die Unterschiede innerhalb der Gruppe? Hatten sie das Gefühl, dass Unterschiede die Gruppe interessanter machen, oder aber die Zusammenarbeit erschweren?
  • Gab es Aspekte von anderen TN, die einen starken Impuls auslösten, zu reagieren und zu sagen: „Nein, bin ich nicht“? Zum Beispiel: Ich bin kein Fußballfan, kein Fan von Technomusik, kein Hundefreund, nicht homosexuell oder nicht christlich. Hat das etwas mit Stereotypen und Vorurteilen zu tun?
  • Wie entwickelt sich Identität? Welche Aspekte sind gesellschaftlich bedingt und welche sind angeboren und unveränderlich?
  • Hat jemand „Mädchen/Frau“ oder „Junge/Mann“ aufgeschrieben? Vielleicht auch „Inter“ oder „Trans“? Was wird mit den Worten „Junge/Mann“ und „Mädchen/ Frau“ verbunden? Sind die Assoziationen bei beiden Geschlechtern gleich? Was bedeutet es, sich zwischen den zwei Geschlechtern zu verorten (auch als Trans- oder Intermensch)?
  • Welche Aspekte hinsichtlich der Geschlechterrolle sind gesellschaftlich bedingt und welche sind angeboren und unveränderlich?
  • Wie sehr wird man aufgrund seiner Individualität beurteilt und wie sehr aufgrund der Gruppenzugehörigkeit?
  • Im Recht auf Bildung ist als Ziel die freie Entwicklung der Persönlichkeit formuliert. Haben die TN das Gefühl, dies verwirklichen zu können? Was sind Hindernisse, was sind Chancen und Möglichkeiten dafür?
  • Inwieweit können Personen einzelne Aspekte in der Öffentlichkeit zeigen und preisgeben? Was sagt dies über die Gesellschaft aus, insbesondere in Bezug auf Diskriminierungsschutz und Wertschätzung von Vielfalt?

Tipps für die Moderation

Einführung

Der Titel dieser Übung ist kein Fehler! Er soll irritieren. Als Hintergrundmusik zu dieser Übung können Sie Frank Zappas Song „You are what you is, I is what you am...“ abspielen.

In Schritt 3 können Sie den TN einen Tipp geben, wie die bildliche Darstellung ihrer Identität aussehen kann. Nehmen Sie sich selbst als Beispiel oder eine imaginäre Person wie in der Modell-Sonne.

Geben Sie den TN unterschiedlich farbige Stifte und machen Sie damit Individualität deutlich.
Sie können die Übung ein wenig anspruchsvoller machen und vorschlagen, die Sonnen mit unterschiedlich langen Strahlen zu zeichnen, je nachdem, wie öffentlich oder privat ein bestimmter Aspekt ist. Längere Strahlen reichen weiter in die Gesellschaft hinein und sind daher öffentlicher.
Im abschließenden Brainstorming (Schritt 6) können einige der folgenden Punkte aufkommen:

  • Aspekte der Identität, die angeboren sind: Geschlecht, Alter, Größe, Augenfarbe
  • Aspekte der Identität, für die man sich frei entscheiden kann: Freund*in, Beruf, Mitgliedschaft in einer politischen Partei, Lieblingsmusik, Kleidungsstil, Lieblingssportler*in oder –team, Wohnort

Einige Aspekte können unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden. Außerdem gibt es Aspekte, die Personen eventuell nicht in der Öffentlichkeit zeigen, die für sie privat sind.

Die Diskussion darüber, wie sich Identität entwickelt und welche Aspekte davon gesellschaftlich bedingt und welche angeboren und unveränderlich sind, wird möglicherweise in einigen Punkten kontrovers verlaufen. Fragen Sie die TN, ob es Aspekte ihrer Identität gibt, die sich im Laufe ihres Lebens verändert haben und womit dies zusammenhing. Welche Aspekte erscheinen besonders stabil?

Aus den Diskussionen lassen sich gegebenenfalls Schlussfolgerungen ableiten, zum Beispiel dass alle Menschen, ungeachtet der ethnischen Herkunft, Hautfarbe, des Wohlstands, der Geburt oder eines anderen Merkmals, Rechte haben. Menschenrechte gelten von Geburt an und können nicht verwirkt oder verweigert werden.

Varianten

Bitten Sie die TN bei Punkt 3 der Anleitung, ein Selbstporträt zu zeichnen oder ein Kinderfoto von sich in die Mitte ihrer Sonne zu kleben.

Wenn die Sonnen nicht mit Namen versehen werden, können die Anwesenden raten, welche Sonne zu wem gehört.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Machen Sie diese Übung im Freundes-, Kollegen- und Familienkreis.

Mit dieser Übung lassen sich auch viele andere Diskussionen in Gang setzen, zum Beispiel über die Universalität der Menschenrechte, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit, Kinderrechte und politische Partizipation.

Will sich die Gruppe weiterhin mit den Themen Identität und Geschlechterfragen auseinandersetzen, dann gefällt ihr vielleicht die Übung „Held*innen“. Die Übung „Begriffe zeichnen“ eignet sich gut, um im Anschluss an die Diskussion über Identität überzugehen zum Recht des Einzelnen auf Gleichheit an Würde und zu den Menschenrechten allgemein.

Weitere Informationen

Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung finden Sie eine Methodensammlung zum Thema „Identität und Globalisierung“:

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