Übungen

Sport für alle

„Haben Sie schon mal Rollstuhl-Basketball ausprobiert?“

Überblick

Themen
  • Menschen mit Behinderungen
  • Diskriminierung und Intoleranz
  • Kultur und Sport
  • Gesundheit
Komplexität

Stufe 2

Gruppengröße

Beliebig (in Kleingruppen: 6–8 Personen)

Zeit

120 Minuten

Überblick

Dies ist eine „High-Energy“-Aktivität. Mit Phantasie und Kreativität werden neue Spiele erfunden.

Fokus
  • Das Recht auf körperliche und psychische Gesundheitsversorgung
  • Gleichheit an Würde und Rechten
  • Das Recht auf Erholung und Freizeit
Ziele
  • Sensibilisiert werden für die Ausgrenzung von sportlichen Aktivitäten
  • Teamfähigkeit und Kooperation erfahren; Kreativität entfalten
  • Respekt und Inklusion fördern, insbesondere für Menschen mit Behinderungen
Materialien
  • Genügend freier Platz
  • 1 Hut
  • Rollenkarten
  • Eventuell Materialien, um die Beeinträchtigungen besser simulieren zu können, zum Beispiel Ohrstöpsel, Watte, Verbandsmaterial etc.
  • Für jede Kleingruppe brauchen Sie die folgenden Gegenstände,

zum Beispiel:

  • Große Eimer oder Papierkörbe
  • 1 Knäuel dicke Schnur
  • Bälle
  • Zeitungen
  • Kreide, um Spielfeldlinien zu zeichnen
  • Schere und Klebeband zum Basteln der Ausrüstung
Vorbereitung
  • Entscheiden Sie, welche Beeinträchtigungen in der Übung vertreten sein sollen, und bereiten Sie entsprechende Rollenkarten vor. Beschaffen Sie je nachdem Augenbinden, Ohrstöpsel, Verbandsmaterial etc.
  • Legen Sie für jede Gruppe 1 Satz Rollenkarten bereit.
  • Beschaffen Sie die restliche Ausrüstung, je ein Sortiment pro Kleingruppe.

Durchführung

Anleitung

  1. Falls sich in der Lerngruppe Personen mit Beeinträchtigungen befinden, überlegen Sie sich, ob Sie diese Übung durchführen möchten. Informieren Sie die Lerngruppe über das Thema der Übung und bieten Sie an, mit interessierten oder betroffenen Personen die Durchführung gemeinsam zu planen und eventuell entsprechend anzupassen.
  2. Erzählen Sie den Teilnehmer*innen (TN) vom World Challenge Day und erläutern Sie die Aufgabe: Es soll ein neues Spiel im wahren Geist von „Sport für alle“ erfunden werden. Einzige Bedingung ist, dass das Spiel eine körperliche Aktivität enthalten muss, die die Herzfrequenz der TN 15 Minuten lang dauerhaft ansteigen lässt.
  3. Es werden Kleingruppen gebildet.
  4. Reichen Sie den Hut mit den Rollenkarten herum. Alle TN ziehen eine Karte. Geben Sie denen, auf deren Karte die Simulation einer körperliche Beeinträchtigung beschrieben ist, ein paar Minuten, in ihre Rolle zu schlüpfen, zum Beispiel eine Augenbinde anzulegen oder sich einen Arm auf den Rücken zu binden.
  5. Nun hat jede Gruppe 30 Minuten Zeit, sich ein Spiel im Sinne von „Sport für alle“ auszudenken, also eines, bei dem alle mitspielen können. Sie dürfen einige oder alle zur Verfügung stehenden Requisiten verwenden. Jede Gruppe kann die Ziele und Regeln des neuen Spiels selbst bestimmen. Alle Gruppenmitglieder müssen sich an der Planung und Entscheidungsfindung beteiligen.
  6. Lassen Sie die Teams die Spiele der anderen Gruppen spielen.

Nachbereitung und Auswertung

Sprechen Sie zunächst darüber, wie die Kommunikation in den einzelnen Gruppen gelaufen ist. Diskutieren Sie danach über die Spiele selbst sowie über Inklusion und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen.

  • Wie sind die TN an die Aufgabe herangegangen? Welche Faktoren haben sie berücksichtigt? War etwas anders, weil Menschen mit einer simulierten Beeinträchtigung mitgewirkt haben?
  • Wie haben die Gruppen gearbeitet? Demokratisch? Oder hat eine Person oder eine kleine Gruppe alles entschieden?
  • Fragen an die TN mit der simulierten Beeinträchtigung: War es schwer, die Rolle zu spielen? Haben sie in der Darstellung ihrer Rolle auf Stereotype zurückgegriffen? War es ihnen möglich, zur Spielentwicklung beizutragen und wie wurde ihre simulierte Beeinträchtigung einbezogen?
  • Fragen an diejenigen ohne Beeinträchtigung: Welche Überlegungen mussten sie anstellen, um Barrieren für die gleichberechtigte Teilnahme von Menschen mit Behinderungen zu überwinden oder zu vermeiden? Welche Kompromisse mussten sie beim Erfinden des Spiels machen, damit es sich tatsächlich um einen „Sport für alle“ handelt?
  • Was denken die TN: Wie ist es, als Mensch mit Behinderung in ihrem Land zu leben? Mit welchen besonderen Schwierigkeiten müssten sie fertig werden?
  • Werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen nach voll geachtet? Welche werden ihrer Meinung nach weniger geachtet und aus welchen Gründen?
  • Aus welchen Gründen werden in der Realität bestimmte Personen und Gruppen vom Sport ausgeschlossen? Sind diese Ausgrenzungen eine Menschenrechtsverletzung?

Tipps für die Moderation

Einführung

Es ist unmöglich, die Simulation von Beeinträchtigungen und ihr Wechselspiel mit umweltbedingten Barrieren so zu gestalten, dass die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen und ihre Einschränkungen in der gleichberechtigten Teilhabe angemessen abgebildet und erfahrbar gemacht werden können. Vielmehr besteht das Risiko, dass Stereotype reproduziert und weiter gefestigt werden und eine Verkürzung auf das medizinische und defizitäre Verständnis von Behinderungen stattfindet. Für die Durchführung und Auswertung einer solchen Simulationsübung ist es wichtig, sich dieser Grenzen bewusst zu sein und die eigenen Vorstellungen und die Ausgestaltung der zugewiesenen Rolle zu reflektieren.

Informieren Sie die Lerngruppe vorab über das Thema und bieten Sie an, die Übung gemeinsam zu planen. So können Lernende mit sichtbaren oder unsichtbaren Beeinträchtigungen ebenso wie Lernende, die über enge Bezugspersonen oder aus Interesse bereits Berührung mit dem Thema haben, ihre Perspektive einbringen, die Übung entsprechend anpassen und es werden peinliche oder entwürdigende Situationen vermieden.

Die Rollen sollten so aufgeteilt werden, dass in jeder Gruppe nicht mehr als zwei Personen dieselbe Beeinträchtigung haben. Die Beeinträchtigungen können in jeder Gruppe gleich oder auch unterschiedlich sein. Sind in jeder Gruppe Menschen mit ähnlichen Rollenkarten, können die Gruppen hinterher vergleichen, wie sie den ähnlichen Herausforderungen begegnet sind. Sind in den Gruppen Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, ist es vielleicht interessant zu beobachten, ob Spiele entworfen wurden, die für die eine Gruppe funktionieren, oder Spiele, die für alle funktionieren.

Je nach Gruppe müssen Sie zu Beginn der Übung vielleicht ein kurzes Brainstorming über Spiele im Allgemeinen durchführen. Etwa, dass für Spiele klare Ziele und Spielregeln formuliert werden müssen. Eventuell müssen Sie auch Einschränkungen machen, zum Beispiel dass das Spiel an einem bestimmten Ort gespielt werden kann oder nicht länger als 20 Minuten dauern darf.
Schaffen es die Gruppen nicht, ihr Spiel fertigzustellen, oder sind sie mit dem Ergebnis unzufrieden, weisen Sie darauf hin, dass so etwas auch in der Realität passiert und dies nicht bedeutet, dass die Übung (oder die Gruppe) gescheitert ist. Diskutieren Sie dann in der Nachbereitung, was dazu geführt hat, dass kein Ergebnis erzielt wurde oder manche mit dem erzielten Ergebnis unzufrieden sind. Bei der Auswertung sagen vielleicht einige, dass Ausgrenzung und Diskriminierung kein Problem seien, weil die Leute sich normalerweise für Sportarten entscheiden, in denen sie gut sind. Es ist wichtig, dass jeder Mensch die Möglichkeit bekommt, den Sport zu treiben, den er möchte und hierzu den Zugang bekommt. Neben den Menschen, die aufgrund einer Beeinträchtigung an der Teilnahme beim Sport behindert werden, gibt es noch andere Gründe für Diskriminierung und Ausgrenzung im Sport, zum Beispiel aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten für Clubmitgliedschaften oder für die Anschaffung von Ausrüstung.

Varianten

Wenn Sie mit dieser Aktivität vorwiegend Teamfähigkeit fördern wollen, dann lassen Sie eine Gruppe ein kooperatives Spiel erfinden und die andere ein Wettkampfspiel. In der Auswertung können Sie dann vergleichen, wie die Spiele entwickelt wurden, welche Aspekte hierbei wichtig waren und wie das Spielerlebnis war.

Sie können diese Übung auch für eine Auseinandersetzung mit den Themen Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte als „Spielregeln“ nutzen. In diesem Fall könnten Sie das Element „Beeinträchtigung und Behinderungen“ weglassen und sich auf die Frage konzentrieren, wie die Gruppen bei der Spielentwicklung zusammengearbeitet haben. Die Frage, ob auch Menschen mit Behinderungen oder andere Gruppen mitspielen könnten, kann dann ein Diskussionsthema sein.

Gute Regeln stellen ebenso wie Menschenrechte sicher, dass fair gespielt wird, indem sie die Macht Einzelner über andere beschränken. So darf zum Beispiel ein*e Fußballspieler*in den Ball kicken, aber nicht die Mitspieler*innen treten. Regelverletzungen werden bestraft. Die Regeln müssen für alle Spieler*innen gelten und sind genau wie die Menschenrechte universell.

Die Veränderung von Spielregeln lässt sich mit der Änderung von Gesetzen im „richtigen Leben“ vergleichen. Werden Gesetze durch Dekret, durch das Parlament, durch das Volk mittels Volksentscheid oder in Zusammenarbeit mit NGOs und anderen geändert?

Bei der Nachbereitung können Sie folgende Fragen diskutieren:

  • Welche Spiele haben am meisten Anklang gefunden? Was macht ein Spiel zu einem „guten“ Spiel?
  • Wie wichtig war es, ein klares Ziel zu formulieren?
  • Was kennzeichnet faire Regeln und wie müssen diese formuliert sein, damit sich alle angesprochen und aufgefordert fühlen?
  • Die Artikel der AEMR könnte man als Regeln für das Leben in einer pluralistischen Welt interpretieren. Sind das gute Regeln? Sind sie universell für alle Menschen überall auf der Welt akzeptabel? Reichen die Regeln aus oder sind es zu viele? Sind die Regeln fair? Werden die Regeln von allen Menschen (allen Ländern) eingehalten?

Vorschläge zur Weiterarbeit

Wenn sich die Gruppe für das Thema Gleichheit interessiert, gefällt den TN vielleicht die Übung „Wo geht’s hier nach Gleichland?“, in der es um die Gleichberechtigung der Geschlechter geht. Das Simulationsspiel „Kampf um Geld und Macht“ beschäftigt sich mit Ungleichheiten aufgrund von Besitz. Diese Übung wirft außerdem Fragen über Chancengleichheit auf, die wiederum einen Rückbezug auf die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen erlauben.

Ideen zum Handeln

Organisieren Sie einen kooperativen „Tag des Sports“. Laden Sie Mitglieder anderer Vereine ein, Ihre neuen Spiele zu spielen. Laden Sie auch Vereine ein, in denen Menschen mit Behinderungen Sport treiben. Tauschen Sie sich zu Inklusion im Sport aus und wie dies in den Vereinen umgesetzt wird. Setzen Sie sich mit TAFISA in Verbindung und steuern Sie die Spiele zum World Challenge Day bei.

Kontaktieren Sie Organisationen vor Ort, die Menschen mit Behinderungen in Ihrer Region unterstützen, und ermitteln Sie, wie Sie sich beteiligen können.

Führen Sie in Ihrer Schule, in Ihrem Verein oder an Ihrem Treffpunkt eine Umfrage durch und erarbeiten Sie Vorschläge für einfache Verbesserungen, um den Ort möglichst barrierefrei zu gestalten.

Weitere Informationen

TAFISA ist die führende internationale Organisation für „Sport für alle“ mit mehr als 200 Mitgliedern aus über 130 Ländern aller Kontinente. Sie organisiert praktische Programme und Veranstaltungen in enger Zusammenarbeit etwa mit dem IOC, der WHO, dem ICSSPE und der UNESCO.

Der World Challenge Day (WCD) wird von TAFISA organisiert. Der WCD ist ein internationaler „Sport für alle“-Wettbewerb, bei dem Gruppen aus der ganzen Welt gegeneinander antreten. Alle können daran teilnehmen. Am World Challenge Day beteiligen sich Gruppen von nur wenigen tausend Menschen bis hin zu ganzen Städten. Der Zweck sind körperliche Aktivitäten und „Sport für alle“ – nicht nur Wettkampfsport für Leute, die ohnehin schon fit und aktiv sind, sondern alle Arten von Aktivitäten für alle Menschen jeden Alters und jeder Geschlechtszugehörigkeit, ob mit oder ohne Behinderung. Einzige Bedingung ist, dass die Spiele eine körperliche Aktivität enthalten müssen, die die Herzfrequenz der TN 15 Minuten lang dauerhaft ansteigen lässt.

Paralympische Spiele: Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) unterstützt die Leistungssteigerung paralympischer Athlet*innen und den Ausbau sportlicher Chancen für alle Menschen mit Behinderung, egal ob sie noch ganz am Anfang stehen oder schon zur Elite gehören. Darüber hinaus fördert das IPC die paralympischen Werte, unter anderem Mut, Entschlossenheit, Begeisterung und Chancengleichheit.

Informationen über Menschen mit Behinderungen finden Sie in Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB) Behinderung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen.

Arbeitsblätter

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