Übungen

Kraftwerk

„Lassen Sie dieses Kraftwerk positive und kreative Energie erzeugen!“

Überblick

Themen
  • Frieden und Gewalt
  • Politische Partizipation
  • Menschenrechte allgemein
Komplexität

Stufe 3

Gruppengröße

10+ Personen (in Kleingruppen: 3–5 Personen)

Zeit

90 Minuten

Überblick

Macht wird oft mit Gewalt assoziiert. In einem Brainstorming werden alltägliche Gewaltprobleme gesammelt und kreative Wege gesucht, mit den Erfahrungen umzugehen und sie zu lösen.

Fokus
  • Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit
  • Schutz vor Diskriminierung
  • Das Recht auf Nichteinmischung in Privatsphäre, Familie, Wohnung und Post
Ziele
  • Ausdrucksformen von Gewalt und deren Ursachen sowie Lösungsmöglichkeiten kennen und verstehen lernen
  • Kooperation und Teamfähigkeit fördern
  • Gerechtigkeitssinn und Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen ausbilden
Materialien
  • Ein Stück Wäscheleine oder feste Schnur, so lang wie das Zimmer, als „Stromkabel“
  • DIN-A4-Papier in zwei verschiedenen Farben, zum Beispiel in Orange und Gelb
  • Pro Kleingruppe 1 Marker
  • Requisiten: laute Glocke oder Hupe, Schutzhelme, weißer Arbeitskittel, 1 Bolzenschneider (echt oder aus Karton), Warnblinkleuchte
  • 2 Rollen Klebeband
  • 2 Räume (nach Möglichkeit)
  • Eine Assistenzkraft für die Bedienung von Glocken, Lampen und anderen Spezialeffekten
Vorbereitung

Verwandeln Sie einen Raum in ein „Kraftwerk“. In der Mitte brauchen Sie freien Platz. Ziehen Sie eine Schnur (die das Stromkabel darstellt) in Schulterhöhe quer durch den Raum und binden Sie die Enden gut fest.

Durchführung

Anleitung

  1. 1. Die Teilnehmer*innen (TN) werden heute in einem Kraftwerk arbeiten. Normale Kraftwerke produzieren Strom aus Uran, Kohle, Gas, Müll, Biokraftstoffen, Sonne, Wind oder Wellen. Dieses Kraftwerk jedoch produziert Energie aus Gewaltproblemen. Daher ist es potenziell gefährlich und soll entweder stillgelegt oder so umgerüstet werden, dass es mit einem anderen Energieträger läuft. Sie als moderierende Person sind Kraftwerksvorstand und die TN sind die technischen Fachkräfte.
Teil 1: Brainstorming über Ausdrucksformen von Gewalt
  1. In einem kurzen Brainstorming überlegen die TN jeweils für sich, welche Arten von Gewalt ihnen in ihrem alltäglichen Umfeld begegnen. Machen Sie klar, dass es hier nicht um „große“ Themen geht wie Terrorismus oder Völkermord, sondern um Gewalt, wie sie uns allen im Alltag in der Schule, in der Familie, in Jugendvereinen und auf der Straße begegnet.
  2. Es werden Kleingruppen zu 3 bis 5 Personen gebildet. Jede Gruppe erhält 3 Blatt (oranges) Papier und 1 Marker. Die TN sollen über die Probleme, die ihnen beim Brainstorming eingefallen sind, sprechen und sich einigen, welche Formen von Gewalt in dieser Übung bearbeitet werden sollen. Diese sollen sie in Stichworten oder kurzen Sätzen und mit großen Buchstaben aufschreiben, jede Gewaltform auf ein eigenes Blatt Papier.
  3. Sammeln Sie die Zettel ein und sortieren Sie Mehrfachnennungen aus.
  4. Geben Sie der Gruppe 5 Minuten Pause und bereiten Sie sich in dieser Zeit auf den nächsten Teil vor. Hängen Sie im „Kraftwerkraum“ die Zettel mit jeweils etwa 50 cm Abstand an das „Stromkabel“ und befestigen Sie sie mit Klebeband an der Schnur.
Teil 2: Im Kraftwerk
  1. Wenn alle Gewaltproblem-Zettel an der Schnur hängen, erklären Sie der Gruppe, dass Sie soeben eine Meldung von der Gesundheitsbehörde erhalten haben, dass das Kraftwerk geschlossen wird, es sei denn, sie
    1. die technischen Fachkräfte
    2. können es auf einen alternativen Energieträger umrüsten. Verteilen Sie Arbeitskittel und Helme an die technischen Fachkräfte.
  2. Bitten Sie die technischen Fachkräfte, mit Ihnen ins Kraftwerk zu kommen. Bilden Sie zwei Teams und geben Sie ihnen jeweils reichlich (gelbes) Papier, Marker und Klebeband.
  3. Weisen Sie darauf hin, dass das Kraftwerk durch das Stromkabel mit Energie aus den gesammelten Arten von Gewalt gespeist wird.
  4. Einer der Gründe für die Gefährlichkeit des Kraftwerks ist, dass Gewalt einen sehr ungleichmäßigen Energiefluss hervorbringt und häufig Überspannungen entstehen. In solchen Fällen lässt sich eine Explosion einzig dadurch verhindern, dass das Kabel durchtrennt wird. Dies ist jedoch extrem gefährlich und sollte unter allen Umständen vermieden werden. Wenn sich eine besonders hohe Überspannung aufbaut, blinken Warnleuchten und eine Glocke ertönt. Dann muss schnell etwas getan werden, um die anschwellende Energiemenge umzuleiten. Es gilt, Mittel und Wege zu finden, um die entstehende Energie in positive Handlungen zu verwandeln.
  5. Erläutern Sie, wie das in der Praxis funktioniert: Im Fall einer Überlastung des Kraftwerks hören die TN Glocken und sehen blinkende Warnleuchten. Sie zeigen auf die Stelle, an der die TN das Kabel durchtrennen müssten, und lesen vor, was auf den zwei Zetteln steht, die zu beiden Seiten der Schnittstelle am Kabel hängen. Dann haben die beiden Teams maximal 1 Minute Zeit, sich zu überlegen, wie sie gegen die beiden Formen von Gewalt angehen können. Sie schreiben jeden Vorschlag auf einen Zettel und hängen diese so schnell wie möglich ans Kabel, und zwar an die Stelle, an der sie es durchtrennen wollen.
  6. Nun fahren Sie das Kraftwerk hoch und lassen es ein oder zwei Minuten laufen. Geben Sie dann der Assistenzkraft ein Zeichen, die Glocke zu läuten und die Warnblinkleuchten einzuschalten. Nehmen Sie den Bolzenschneider und tun Sie so, als wollten Sie das Kabel an einer bestimmten Stelle durchtrennen. Lesen Sie die zwei Probleme laut vor und treiben Sie die Teams hektisch zur Lösungssuche an.
  7. Nach einer Minute bringt die Assistenzkraft die Glocke zum Schweigen und schaltet die Warnblinkleuchte aus. Lesen Sie die Lösungsvorschläge laut vor. Diskutieren Sie die Vorschläge kurz mit der ganzen Gruppe. Die Teams sollen die Lösungen, die bei genauem Hinsehen unrealistisch sind, ergänzen oder aussortieren. Diese Lösungsvorschläge dienen dem strapazierten Stromkabel an dieser Stelle nun als Entlastung, weil sie die Energie umwandeln. Hängen Sie die gelben Zettel mit den Lösungsvorschlägen über die orangen, sodass letztere verdeckt werden.
  8. Wiederholen Sie die Schritte 11 und 12, bis alle Gefahrenstellen entlastet und Lösungen gefunden wurden.
  9. Bitten sie die technischen Fachkräfte, ihre Arbeitsbekleidung wieder abzulegen und so aus ihrer Rolle zu schlüpfen.
  10. Nehmen Sie am Schluss alle Gewaltarten und Lösungsideen vom Kabel ab und hängen Sie diese an die Wand im Arbeitsraum.

Nachbereitung und Auswertung

Beginnen Sie mit einem Rückblick auf die Übung selbst und diskutieren Sie dann jedes Problem und die dafür vorgeschlagenen Lösungen.

  • Wie ging es den TN bei dieser Übung?
  • Waren beim Brainstormen alle einverstanden mit der Entscheidung, welche Probleme am dringendsten einer Lösung bedürfen?
  • Was sind mögliche Ursachen für die gesammelten Gewaltprobleme?
  • Wie haben die TN Lösungen für Überlastungsszenarien gefunden, wie verlief der Einigungsprozess?
  • Waren die vorgeschlagenen Lösungen und Aktionen realistisch? Kurzfristig? Auf Dauer?
  • Welchen Schwierigkeiten oder Widerständen kann man begegnen, wenn man versucht, diese Lösungen umzusetzen?
  • Wie können wir Gewalt am besten verhindern und für friedliche Alternativen eintreten?
  • Welche Menschenrechte werden durch Gewalt verletzt?

Tipps für die Moderation

Einführung

Teil 1, das Brainstorming, dauert ungefähr 10 Minuten, die Arbeit im Kraftwerk etwa 60 Minuten, Nachbereitung und Auswertung 20 Minuten.

Brauchen die TN zu Beginn etwas Hilfestellung beim Brainstorming, können Sie Beispiele für Gewalt gegen Menschen nennen, zum Beispiel Mobbing, Beschimpfungen, Sarkasmus, verletzende Witze, beleidigende Telefonanrufe oder SMS und Vandalismus gegenüber persönlichem Besitz. Sie können auch Beispiele für Gewalt nennen, die sich nicht gegen bestimmte Menschen richtet, zum Beispiel Gewalt, die in Filmen oder Liedern zum Ausdruck kommt.

In Schritt 11 sollen die Teams möglichst zwei oder drei Vorschläge machen, wie man den einzelnen Formen von Gewalt entgegenwirken kann, einer reicht aber auch. Die Lösungen sollen realistisch sein.

Seien Sie sich bewusst, dass einige TN Gewalterfahrungen haben (etwa durch häusliche Gewalt) und dass Sprechen über Gewalt unterschiedliche Reaktionen hervorrufen kann. Deswegen raten wir davon ab, persönliche Gewalterfahrungen in der Gruppe zu thematisieren. Stattdessen sollte bei der Übung auf mögliche Beratungs- und Hilfestellen hingewiesen sowie Offenheit für ein persönliches Gespräch signalisiert werden.

Ein Schlüssel zum Erfolg ist die Art und Weise, wie Sie für Arbeitsatmosphäre sorgen und die Technikteams zur Eile antreiben. Im Internet können Sie Maschinengeräusche und Alarmsignale herunterladen. Oder führen Sie die Übung im Keller zwischen Wasser- oder Heizungsrohren durch. Ein gewisses schauspielerisches Talent Ihrerseits erhöht den Spaßfaktor. Versuchen Sie einfach, die Handlung am Laufen und die Diskussionen zwischen den Runden kurz zu halten. Tiefer gehende Debatten sollten auf die Nachbereitung verschoben werden.

Wenn eine zusätzliche Erklärung nötig ist, wie man auf Ideen zur Lösung der Probleme kommt, dann können Sie folgende Beispiele geben: Mobbing kann man durch einschlägige Sensibilisierungs-Workshops, klare Positionierung der Leitungspersonen oder durch Ausbildung von Schulmediator*innen entgegentreten. Gewalt im Fernsehen kann man durch eine Sendezeitbeschränkung für Filme mit problematischem Inhalt auf nach 23 Uhr in den Griff bekommen, oder durch Freizeitaktivitäten mit Kindern, sodass sie Alternativen zum Fernsehen bekommen.

Bei kleinen Gruppen können Sie mit nur einem Technikteam arbeiten. Der Grund, weshalb hier mit zwei Teams gearbeitet wird, ist, dass zwei Gruppen oft unterschiedliche Lösungen für dasselbe Problem entwickeln. Das erweitert die Optionen.

Anmerkung: Diese Methode lässt sich für Themen adaptieren, bei denen Probleme erkannt und Lösungen gefunden werden müssen. „Kraftwerk“ beruht auf einer Übung, die von Dariusz Grzemny vom Verein für Kinder und Jugendliche (Chance), Glogow, Polen, entwickelt wurde.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Es kann sein, dass im Kraftwerk über Diskriminierung oder Geschlechterfragen diskutiert wurde. Dann kann die Gruppe Interesse haben, sich mit dem Thema Identität und dem Recht auf Gleichheit an Würde und Respekt zu beschäftigen. Schlagen Sie die Übung „Wer sind ich?“ vor.

Ideen zum Handeln

Vertiefen Sie eines der in dieser Übung angesprochenen Probleme. Entscheidet sich die Gruppe für das Thema Mobbing, dann kann sie den Vorschlag aufgreifen, einen Workshop in ihrer Schule zu organisieren, oder dies auf die Tagesordnung der nächsten Schulversammlung setzen.

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