Übungen

Finger und Daumen

„Wir sind vielleicht mit lauter verschiedenen Schiffen gekommen, aber jetzt sitzen wir im gleichen Boot.“

Martin Luther King 
US-amerikanischer Bürgerrechtler und Menschenrechtsaktivist (1929-1968)

Überblick

Themen
  • Umwelt
  • Frieden und Gewalt
Komplexität

Stufe 4

Gruppengröße

Beliebig (in Kleingruppen: 5 Personen)

Zeit

60 Minuten

Überblick

Simulation eines Wettbewerbs für die umweltfreundlichste Jugendgruppe. Wer gewinnt und wie fair geht es dabei zu?

Fokus
  • Das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz
  • Das Recht auf Leben
  • Das Recht auf eine internationale Ordnung, in der Rechte und Freiheiten in vollem Umfang verwirklicht werden können
Ziele
  • Wertschätzung von Zusammenarbeit und die Einsicht vermitteln, dass Vereinbarungen überwacht und überprüft werden müssen
  • Kooperationsfähigkeit aufbauen
  • Gerechtigkeitssinn und Fairness fördern
Materialien
  • Je 1 Kopie der Anleitung pro Person
  • Je 1 Kopie des Bewertungsprotokolls pro Gruppe
  • 1 Stift pro Gruppe für die Protokollführung
  • Ausreichend Platz für Kleingruppenarbeit

Durchführung

Anleitung

Legen Sie das Szenario fest: In einem Wettbewerb soll die umweltfreundlichste Jugendgruppe der Stadt (oder der Gemeinde oder der Schule) ermittelt werden.
Jede anwesende Person vertritt eine andere Jugendgruppe in diesem Wettbewerb. Wer die meisten Punkte sammelt, gewinnt.

  1. Es werden Kleingruppen zu 5 Personen gebildet, die in kleinen Kreisen sitzen. Die Kleingruppen stehen für die Stadt (oder Gemeinde/Schule) und geben sich einen Namen.
  2. Vier Personen vertreten je eine der Jugendgruppen, die in diesem Wettkampf miteinander konkurrieren. Eine Person protokolliert und fungiert zugleich als Schiedsgericht. Diese Person gibt jeweils das Signal zur nächsten Runde. Sie führt das Bewertungsprotokoll und sorgt für die Einhaltung der Regeln. Wenn die Lerngruppe nicht durch 5 teilbar ist, kann auch mehr als eine Person Protokoll und Schiedsgericht übernehmen.
  3. Jede Kleingruppe soll selbst entscheiden, wer das Bewertungsprotokoll führen soll.
  4. Geben Sie den Protokollierenden jeder Gruppe ihre Anleitung. Diese sollen sie ihrer Gruppe laut vorlesen und sich vergewissern, dass alle verstanden haben, wie das Spiel läuft und nach welchen Regeln die Punkte verteilt werden. Hängen Sie das Blatt für alle sichtbar auf, falls jemand später noch einmal nachsehen möchte. Geben Sie den Teilnehmer_innen (TN) Zeit, das Punktesystem zu verstehen.
  5. Wenn alle Kleingruppen bereit sind, können Sie zunächst eine Übungsrunde spielen. Ist allen klar wie es geht, kann der Wettbewerb beginnen.
  6. Haben alle 10 Runden gespielt, rechnen die Protokollierenden die Gesamtpunktzahl ihrer Kleingruppe (Stadt/Gemeinde/Schule) aus und notieren jeweils die höchste und die niedrigste individuelle Punktzahl. Gehen Sie dann zur Nachbereitung über und sprechen Sie zunächst in den Kleingruppen und dann im Plenum über den Verlauf des Spiels und die Lernergebnisse.

Nachbereitung und Auswertung

In den Kleingruppen sollen die TN über folgende Fragen nachdenken:

  • Wer hat die meisten Punkte erzielt? Wie haben sie gespielt, um zu gewinnen?
  • Wer hat die wenigsten Punkte erzielt? Wie geht es ihnen?
  • Fühlt sich jemand getäuscht oder hintergangen? Warum?
  • Haben sie vor den Runden 5, 8 und 10 irgendwelche Vereinbarungen getroffen?
  • Hat sich jemand nicht an die Absprache gehalten? Warum?

Im Plenum:

  • Bitten Sie die diejenigen, die Protokoll geführt haben, die höchste und die niedrigste individuelle Punktzahl und die Gesamtpunktzahl ihrer Kleingruppe zu nennen. Halten Sie diese Zahlen auf dem Flipchart fest.
  • Welche Kleingruppe hat die höchste Gesamtpunktzahl erreicht? Machen Sie die Gewinner-Kleingruppe auf dem Flipchart sichtbar, zum Beispiel durch ein Symbol. War es die Gruppe, in der zusammengearbeitet, oder war es die, in der getäuscht wurde?
  • Wenn sich mehrere Leute auf eine gemeinsame Umweltschutzaktion und ein Ziel einigen, wie lässt sich dann sicherstellen, dass sich alle wirklich fair verhalten?
  • Wie wirken sich individuelle Ziele auf Zielsetzungen der Gruppe aus und umgekehrt?
  • Was hat das Spiel mit der Realität zu tun? Kennen Sie konkrete Beispiele?
  • Einer der Gründe, warum zum Beispiel das erhoffte Abkommen bei der Weltklimakonferenz COP 15 in Kopenhagen im Jahr 2009 nicht zustande kam, war, dass sich die Regierenden nicht über das Überprüfung des CO2-Ausstoßes einigen konnten. Hätte es geholfen, sich mit etwas Abstand zu fragen, welche Menschenrechte verletzt werden, statt sich in Details zu verlieren? Warum (nicht)?
  • Wessen Rechte sind durch den Klimawandel am meisten in Gefahr? Welche Rechte werden verletzt?
  • Wenn man bedenkt, dass arme Länder stärker unter dem Klimawandel leiden, während die reichen Länder das Problem verursacht haben, was wäre eine faire Methode, um Gerechtigkeit herzustellen?
  • Die von den Klimamodellen prognostizierte Zunahme extremer Wetterereignisse bedeutet, dass Millionen Menschen ihre Heimat verlieren werden. Wie sollten Regierungen darauf reagieren?
  • Spielt die Menschenrechtsbildung bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Rolle? Wenn ja, welche?

Tipps für die Moderation

Einführung

Das Spiel läuft darauf hinaus, dass diejenigen Kleingruppen, die zusammengearbeitet haben, die höchste Gesamtpunktzahl erzielen. Die Gruppen, in denen getäuscht wurde, bleiben dahinter zurück; mit anderen Worten: Eine einzelne Person als Vertreter*in der Jugendgruppe kann zwar gut abschneiden, aber nur auf Kosten der anderen Stadtbewohner*innen/Gemeindemitglieder/Schüler*innen. Die Lernerfahrung besteht darin, dass alle gewinnen, wenn sie zusammenarbeiten. Lassen Sie bei der Anleitung aber bewusst offen, ob es darum geht, dass Einzelpersonen gewinnen oder ob die Gesamtpunktzahl entscheidend ist.

Fragen Sie in der Nachbereitungsphase, was die TN von Informationskampagnen halten, die um Unterstützung der Wählerschaft für vielleicht unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen werben. Sprechen Sie über folgendes Beispiel: Vor einigen Jahren lancierte die Gruppe „Tidy Britain“ (Sauberes Großbritannien) eine Kampagne mit dem Titel „My Little Wrapper Won’t Make Any Difference“ (Mein kleines Einwickelpapier spielt doch keine Rolle). Gezeigt wurde eine Straße, die mit Süßwarenverpackungen übersät war, viele davon mit Sprechblasen „Ich spiele doch keine Rolle“. Was hätten die TN beim Anblick dieses Plakats gedacht?

  • Wenn ich mir die Mühe mache, meinen Abfall mit nach Hause zu nehmen, dann sind die Straßen ein bisschen sauberer und vielleicht nehmen sich andere ein Beispiel an mir. (Diese Antwort ist so, als ob in dem Spiel 1 Daumen und 3 Finger gezeigt worden wären.)
  • Wenn ich und eine Handvoll Leute das machen, dann ändert sich ein wenig. (2 Finger und 2 Daumen)
  • Wenn wir die meisten Leute überzeugen können, achtsamer zu sein, dann werden die Straßen sauberer. (4 Daumen)
  • Warum sollte ich mich anstrengen, wenn es sonst niemand tut? (4 Finger)

Das Beispiel könnte genauso gut lauten: „Mein kleines Auto spielt doch keine Rolle“ (für die Reduzierung der CO2-Emissionen) oder: „Es spielt keine Rolle, ob ich meine Wäsche in den Trockner stecke, statt sie auf die Leine zu hängen“ (in puncto Energieeinsparung). Wählen Sie ein Beispiel, mit dem Ihre Gruppe etwas anfangen kann und passen Sie die Antwortmöglichkeiten inhaltlich an.

In vielen Städten wird die Verschmutzung von Straßen mit Müll und Hundekot mit Bußgeldern bestraft; freiwillige Aktionen funktionieren nicht. Irgendein Reglement muss es geben. Es war eine der größten Schwächen des Kopenhagener Abkommens,  dass keine strengen Mechanismen für die Überprüfung der CO2-Emissionen vorgesehen waren.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Vielleicht möchte sich die Gruppe mit der Wirksamkeit verschiedener Reaktionen und Konsequenzen für Menschen, die gegen Regeln zu Hause, in der Schule, Jugendgruppe oder Kommune verstoßen, beschäftigen. Wie bringt man die Menschen am besten dazu, sich an Regeln zu halten?

Machen Sie einen Vorschlag für den besten Weg zur höchsten Punktzahl: Alle müssen das Daumenspiel spielen. In der Realität könnte das bedeuten, dass die Regierung das Autofahren für alle verbietet (um die CO2-Emissionen zu reduzieren), das Fernsehen nur noch für eine Stunde pro Tag gestattet (um Energie zu sparen), den Kauf technischer Geräte einschränkt, zum Beispiel auf ein Handy, ein digitales Abspielgerät oder eine Spielekonsole alle drei Jahre (um Ressourcen zu sparen), und alle auf eine vegetarische Ernährung verpflichtet (effizientere Landnutzung und weniger CO2- und Stickstoff-Produktion durch tierische Exkremente). Können die Gruppen Beispiele für Gesetze nennen, die sozusagen alle verpflichten (Verkehrsvorschriften sind ein Beispiel)? Fragen Sie die Gruppe, ob diese Beispiele Menschenrechte verletzen. Welche und warum?

Die Übung „Kampf um Geld und Macht“ ist ebenfalls eine Simulation. Darin geht es um die Ungerechtigkeiten, die auf der ungleichen Ressourcenverteilung beruhen. Wenn sich die TN über die ökologische Bedeutung von Nahrungsketten informieren wollen, versuchen Sie es mit der Übung „Netzwerk des Lebens“.

Ideen zum Handeln

Vielleicht hat die Gruppe Lust, sich einem lokalen Umweltproblem anzunehmen und sich mit anderen zusammenzutun, um die Politik zum Handeln zu bewegen. Wenn sich die Gruppe für internationale Politik interessiert, kann sie sich mit der Frage beschäftigen, wie es zum Scheitern von COP15 kam und die Bilanz von neueren Klimaschutzkonferenzen recherchieren. Anschließend kann sie diskutieren, wie Völkerverständigung und Vertrauen zwischen den Nationen gefördert werden, oder Kampagnen, die die Klimaschutzkonferenzen begleiten, unterstützen.

Der Handlungsbedarf in Sachen Klimawandel ist eine der derzeit dringlichsten Herausforderungen der Menschheit. Denken Sie in der Gruppe darüber nach, wie Sie Ihre persönlichen CO2-Emissionen senken können – vor Ort, auf staatlicher und internationaler Ebene.

Weitere Informationen

Ziel des UN-Klimagipfels in Kopenhagen 2009 war es, die Kernziele für ein neues Klimaabkommen verbindlich festzulegen. Dies wurde jedoch nicht erreicht. Bei einem früheren Klimagipfel hatte man sich darauf geeinigt, dass die Reduktion der Emissionen in den Ländern des globalen Südens „überwacht, dokumentiert und überprüft“ werden sollte. Demgemäß sollten die größten CO2-Emittenten unter den Schwellenländern, insbesondere China und Indien, Zielvorgaben setzen und einem Monitoring zustimmen. Dass die Einigung auf einen fairen Monitoring-Prozess scheiterte, zeigt, wie komplex die Probleme sind, insbesondere wenn es um Recht und Gerechtigkeit geht.

An der 21. Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris (COP 21) wurde ein Abkommen für mehr globalen Klimaschutz auf den Weg gebracht. Unter anderem wurde beschlossen, die weltweite Erwärmung des Klimas auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Umweltschutzorganisationen bewerten das Pariser Abkommen positiv, unter anderem bedeutet es den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis Mitte des Jahrhunderts. Allerdings muss das Tempo bei der Umsetzung von COP 21 deutlich zunehmen, da sonst das 1,5-Grad-Limit nicht mehr zu schaffen ist. Die Fragen der Verbindlichkeit, nach effektivem Monitoring und möglichen Sanktionen werden nach wie vor kontrovers diskutiert.

An der Klimakonferenz COP 22, die im November 2016 in Marrakesch stattfand, ging es denn auch vor allem um Umsetzungsmaßnahmen des Pariser Abkommens. In der Regel finden die Klimakonferenzen in jährlichen Anständen statt.

Arbeitsblätter

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